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Wo drückt der Stuhl?

Gesundheitsfragen am Arbeitsplatz als Begleiterscheinung der Computerisierung von Büros zwischen 1975 und 1985

Grafik mit 16 aufgelisteten Beschwerden als Folge schlechten Sitzens im Büro
Macht Arbeit krank? 16 Beschwerden als Folge schlechten Sitzens. In: Birkwald: Macht Arbeit krank, 27.

von Nina Neuscheler

 

Eine Grafik von 1982 sollte ihren Leser:innen eindrücklich klar machen, welche mannigfaltigen Gesundheitsgefahren im Büroalltag lauerten. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magenbeschwerden, Krampfadern, Hämorrhoiden und Sehnenentzündungen waren nur einige der 16 verschiedenen Symptome in der Aufzählung. [1] Deren gemeinsame Ursache: schlechtes Sitzen am Computer. Büroarbeiter:innen, die ihren Arbeitsalltag zunehmend am Computer sitzend verbrachten, standen im Zentrum von Forschungen rund um ergonomisches Sitzen und stellten in den Augen von Herstellern für Bürobedarf eine lukrative Zielgruppe dar. In diesem Beitrag soll ein kurzer Überblick über arbeitsmedizinische Empfehlungen, den öffentlichen Diskurs zu gesundheitlichen Risiken der neuen Bürotechnologien sowie kapitalistische Antwortstrategien in Form gesundheitsoptimierter Sitzmöbel gegeben werden. Der untersuchte Zeitraum umfasst mit Mitte der 1970er bis in die ausgehenden 1980er Jahre die Epoche, in der Computer in der Bundesrepublik Deutschland allmählich Einzug in Büros hielten. Gleichzeitig manifestierte sich bei Sitzmöbeln ein „Strukturwandel von konventionellen zu ergonomisch konzipierten Modellen“ [2] wie ein Bericht über die Büromesse Orgatechnik von 1975 feststellte. Neben Zeitungsartikeln besteht das Quellenmaterial aus Beiträgen aus zwei Fachzeitschriften für Sekretärinnen. [3]

 

Gesundheitssorgen zwischen Ergonomie und Esoterik

 

Alle Fragen der Anpassung des Arbeitsplatzes an den Menschen und dessen Gesundheit wurden unter dem Begriff der Ergonomie verhandelt. Arbeitsplätze, an denen man lange am Stück sitzen musste, waren nicht erst Resultat der Computerisierung. Sitzintensive Arbeitsplätze existierten bereits früher, sowohl an Industriearbeitsplätzen als auch in Büros. Computerisierung setzte das Problem fort, sorgte für körperlich monotone Arbeitsabläufe und ergänzte Fragen des gesunden Sitzens um weitere potenzielle Gesundheitsrisiken insbesondere im Zusammenhang mit Monitoren. Für das Jahr 1985 rechnete man mit 240 000 Bildschirmgeräten an Arbeitsplätzen. [4]

 

Viele der angestellten Bildschirmarbeiter:innen waren weiblich, noch 1989 waren im Bereich der Datenerfassung, die flächendeckend computerisiert wurde, drei Viertel der Beschäftigen Frauen. [5] Beschwerden, die durch monotone Arbeiten im Schreibdienst und Sekretariaten hervorgerufen wurden (Rückenschmerzen, Sehnenentzündungen, Krampfadern vom Sitzen), wurden als „Frauenkrankheiten“ bezeichnet. Das Fränkische Volksblatt zitierte den Weltkongress der Arbeitsmediziner in Toronto 1982, der einen Anstieg der Beschwerden im Zusammenhang mit Schreibarbeit beobachtet hatte und beschloss: „Durch eine zartere Konstitution sind Frauen im Beruf oft stärker gefährdet als Männer“. [6] Arbeitgeber, Gewerkschaften und Gesetzgeber seien hier in der Pflicht, die Frauen besser zu schützen.

 

Frauen sitzen an Bildschirmarbeitsplätzen in einem Großraumbüro
Bildschirmarbeit als Alltag für immer mehr Frauen in den 1980er Jahre. Quelle: Sekretärin 5/1980, 47.

Mit Bildschirmarbeit verbunden wurden Sehprobleme und mögliche Gesundheitsauswirkungen durch Strahlung wie elektrostatische Aufladung. Gerade Strahlung taugte als Chiffre für diffuse Ängste vor neuen Technologien und der weibliche Körper als Projektionsfläche, auf der diese Ängste verhandelt werden konnten. Zwei Studien aus Kanada und Schweden schürten die Sorge vor Missbildungen bei Embryos sowie Fehlgeburten durch Strahlungsbelastung von werdenden Müttern, die während der Schwangerschaft an Bildschirmarbeitsplätzen tätig waren. Die Studien zu den vermeintlichen Gesundheitsgefahren für Embryos wurden Anfang der 1980er Jahre medial breit rezipiert, wiesen jedoch methodische Mängel auf und ein Zusammenhang zwischen Fehlgeburten/Missbildungen bei Embryos und Bildschirmstrahlung konnte wissenschaftlich nicht belegt werden. [7] Die Gesundheit der gebärfähigen Frau, die in der Figur der Schwangeren zum Sinnbild des vulnerablen, schützenswerten Körpers wurde, eignete sich indes als Gegenspielerin zu neuen Technologien, namentlich dem Computer, die in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung mit Skepsis betrachtet wurden. [8] Die Bedrohung für den Körper der gebärfähigen Frau wurde hierbei pars pro toto zur Bedrohung der ganzen Gesellschaft stilisiert und taugte so dazu, Unbehagen bezüglich neuer Technologien weiter zu bestärken.

 

In einigen Fällen wurde von Hautausschlägen als Begleiterscheinung der Bildschirmarbeit berichtet. Erste Untersuchungen vermuteten die Ursache in elektrostatischer Aufladung der Haut durch die Bildschirmnähe, was Staubpartikel anzog, die Hautreaktionen provozierten. Diese Theorie erwies sich jedoch als unzutreffend. Vielmehr kamen trockene Luft, Papierstaub und Stress als Auslöser der Hautprobleme in Betracht. [9] Auch dieses Gesundheitsproblem berührte Geschlechternormen insofern als Hautausschläge im Widerspruch zum weiblichen Schönheitsideal standen. Die Arbeit am Monitor konnte als Bedrohung für die makellose Weiblichkeit herangezogen werden, obgleich das Empörungspotenzial in dieser Frage deutlich unter dem lag, was die vermeintlichen existenziellen Risiken bei Schwangerschaften auslöste.

 

An dieser Stelle seien zweierlei Dinge angemerkt: Erstens wurden potenzielle Gesundheitsbelastungen durch Computerstrahlung verhandelt, während es in Innenräumen und darunter Büros noch gängig war zu rauchen. Die auf diffusen Technikängsten basierenden Gesundheitssorgen bezüglich des Einsatzes neuer Technologien verschatteten also fatalerweise reale Gefahren für die körperliche Unversehrtheit. Zweitens: Die Schreibarbeit wurde immer leiser. Tastaturen senkten die Lärmbelastung voller Schreibstuben deutlich gegenüber alten Schreibmaschinen und auch Drucker wurden immer leiser. Hinweise auf diese Erleichterungen durch technologische Entwicklung finden sich allenfalls in Werbeanzeigen. Auch das verstärkt den Eindruck einer verzerrten Darstellung der Chancen und Grenzen neuer Bürotechnologien.

 

Innovationen im Bereich der Monitore sorgten schließlich dafür, dass Sorgen in puncto Strahlung Ende der 1980er Jahre leiser geworden waren und die Geräte weniger flimmerten. Eine wesentliche Verbesserung für die Augengesundheit wurde durch die sogenannte Positiv-Gestaltung erreicht. Das bedeutete, dass dunkle Schrift auf hellem Hintergrund (statt wie bisher umgekehrt dunkel auf hell) abgebildet wurde. Was blieb, war das Problem des richtigen Sitzens für immer mehr Menschen, die ihren Arbeitsalltag auf Stühlen vor Computern verbrachten.

Humanisierung des Arbeitslebens oder: Sitzen nach Maß

 

Seit 1974 wurde ein groß angelegtes Forschungsprogramm der Bundesministerien für Arbeit und Sozialordnung sowie Forschung und Technologie unter dem Titel „Humanisierung des Arbeitslebens“ durchgeführt. Darunter fiel ein Forschungsprojekt zum Thema Arbeitssitze, dessen Ergebnisse 1984 in einem kleinen Band veröffentlicht wurden. [10] Mithilfe von Laboruntersuchungen und Feldstudien ergründeten die Autor:innen konstruktionsmäßige Anforderungen an etwas wie den idealen Arbeitssitz. Der Sitz wurde dabei in verschiedene Komponenten bzw. Problembereiche unterteilt: Sitzfläche, Rückenlehne, Armauflage, Stellteile, Untergestell und Polsterung. Ferner wurden Drehpunkte, ideale Winkel der Neigungsverstellung und die Beschaffenheit des „Synchronmechanismus“ beforscht. Bei aller Normierung versuchte die Forscher:innengruppe stets auch den Verschiedenheiten menschlicher Körper stets Rechnung zu tragen wie die Ausführungen zur Rückenlehne beispielhaft zeigen: „Eine Polsterung der Lehne  kann die interindividuellen Streuungen der Rückenmaße ausgleichen. Eine Einstellmöglichkeit der Lendenbauschhöhe ist wünschenswert.“ [11] Spielräume des Idealmaßes fanden sich auch in den Abständen zwischen Beinen und Tisch, Augen und Bildschirm sowie Höhe der Sitzfläche. Das Gesamtresultat der Forscher:innengruppe waren umfängliche Empfehlungen zur Konstruktion und Beschaffenheit von Arbeitssitzen, die im Wesentlichen frühere Empfehlungen zu Arbeitssitzen bestätigten.

Werbung für die Fußsstütze "Trittboy" aus dem Jahr 1981
Zubehör fürs gesunde Sitzen: die Fußauflage; hier das Modell „Trittboy“, beworben in der Sekretariat 11/1981.

Der Schweizer Arzt Etienne Grandjean fasste für die Sekretärin 5/1978 bereits einige Jahre früher und für ein Laienpublikum tauglich seine wichtigsten Erkenntnisse zum Thema gesundes Sitzen zusammen. [12] Im Fachorgan des Deutschen Sekretärinnen-Verbandes empfahl der Mediziner: Stühle sollten stufenlos höhenverstellbar sein, die Rückenlehne in der Höhe auf den eigenen Rücken anpassbar und so verstellbar sein, dass der Rücken stets Kontakt zur Lehne habe. Die Sitzfläche sollte leicht gepolstert (aber atmungsaktiv!), konkav geformt und der ganze Sitz drehbar sein. Idealerweise sei der Sitz auf einer Säule und diese wiederum auf einem stabilen Sockel mit Rollen angebracht – allerdings kippsicher, leicht drehbar und die Rollenhärte dem Boden angepasst, also am besten austauschbar. Zusätzlich zum Sitzmöbel empfohlen: „die pendelnde Fußauflage mit einem Bezug aus Riffelgummi“ [13].  Die Illustrationen der Empfehlungen waren 1978 noch sämtlich auf Schreibmaschinenarbeitsplätze bezogen. Obwohl in den 1970er Jahren unaufhörlich Computer Einzug in Büros hielten, verweist das Beispiel auf zweierlei: die Ungleichzeitigkeit der Computerisierung von Arbeitsplätzen sowie die Tatsache, dass technischer Fortschritt sich in der Praxis oftmals langsamer vollzog als aus den Debatten zu vermuten.

 

Jenseits der technischen Ausstattung konnte und sollte auch der Mensch selbst zur eigenen Gesundheit beitragen. Erforscht und beschrieben wurde ergonomisch ideale Sitztechnik unter dem Stichwort des „dynamischen Sitzens“. Gemeint war damit das regelmäßige Abwechseln zwischen verschiedenen Sitzhaltungen, wobei dem Sitzmöbel die Rolle zukam, den Körper aus jeder Position ausreichend abzustützen. „Falsch sitzt man dann, wenn der Stuhl und der Arbeitsplatz Bewegungen hemmen.“ [14] Doch damit nicht genug: „Wir sitzen zu viel“, titelte die Zeitschrift Gabriele im Januar 1977 und ermahnte ihre Leserinnen zu regelmäßiger Bewegung und gelegentlichem Arbeiten im Stehen. [15] Immer wieder wurden in den Gesundheitsrubriken der Zeitschriften auch Hinweise auf Gymnastik und Yoga als Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit in den Sekretärinnenzeitschriften abgedruckt. [16]

 

Der Markt regelt: Relaxoflex, ergoline & Co.

 

Bestärkt durch Forschung und die Diskussion von Erkenntnissen zum gesunden Sitzen blühte der Markt für komfortable, gesundheitsschonende Büroausstattung auf. Das Büro wurde dabei als Ganzes betrachtet und ergonomisch optimiert: Anordnung der Schreibtische, Anzahl wie Gruppierung der Beschäftigten, Beleuchtungsverhältnisse, Bepflanzung und schließlich die Konfiguration des einzelnen Arbeitsplatzes wurden hinsichtlich Gesundheit sowie Design weiterentwickelt. Ein gutes Beispiel für ganzheitliche Betrachtung ist die Anzeige der Firma Nixdorf, die „Lösungen für die sogenannte Schnittstelle Mensch-Computer“ [17] anbot. Das Prinzip der ergonomischen Gestaltung von Computerarbeitsplätzen wurden neben Hardware (Tastaturen, Bildschirmen und besonders leise Drucker) auch auf Software bezogen und lies sich in diesem Kontext mit anwendungsorientiert übersetzen.

 

Ein Mann und eine Frau stehen sich gegenüber, hinter ihnen jeweils ein Bildschirmarbeitsplatz, dabei steht "Von Kopf bis Fuß auf jeden Mitarbeiter eingestellt"
Quelle: Assistenz 1984/4, 252.
Der „ergomat 190“ in Aktion. Aus: Sekretärin 6/1978, 62.

Bei allen Gestaltungsfragen war Büroausstattung immer auch Statussymbol: die Firma vitramat beispielsweise stellte in einer Beschreibung ihrer Produkte 1976 klar die „Unterschiede zwischen einem einfachen Arbeitsstuhl und einem Direktionssessel“ [18] heraus. Auch die Firma Drabert bot 1982 einen eigenen „Datenarbeitsstuhl“ in Abgrenzung beispielsweise zum „Managersessel“ an – allen gemein sollte jedoch der Einbau des firmeneigenen, ergonomisch ausgerichteten Patents namens Relaxoflex-Rückenlehne sein. [19]

Ein Beispiel für einen Stuhl, der nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurde, war der „ergomat 190“ der Firma Mauser. Seinen Be-Sitzer:innen versprach er, den Belastungen des Dauersitzens zumindest „weitgehend“ entgegenzuwirken. Das sollte dem Bürostuhl u.a. dadurch gelingen, „dass sich Sitz- und Rückenneigung jeder Körperhaltung anpassen […], Sitz- und Rückenlehne bewegen sich in Abhängigkeit voneinander, d.h. wenn die Rückenlehne nach hinten bewegt wird, stellt sich dazu die jeweils ergonomisch richtige Sitzflächenneigung ein“ [20] Mögliche Krämpfe sollten durch einen „Gelenkmechanismus im Lendenwirbelsäulenbereich der Rückenlehne“ [21] vorgebeugt werden. Schließlich pries der Hersteller das ideale Mikroklima an, für das ein geeignetes Polster sorge.

Technologisierte Beschreibungen waren in der Werbung für Bürostühle verbreitet. 1984 bewarb die Firma Dauphin beinahe kryptisch ihr Produkt, den „Ergonomic 6600“: Dieser besaß eine eingebaute „Simultan-Mechanik“. Deren Zweck: „Mit Einhebel-Auslösung können sowohl bei möglicher Kontakteinstellung der Rückenlehen die Sitz- und Rückenlehnenneigung gleichzeitig verstellt werden.“ [22] Zwei Jahre später bewarb der Hersteller das Modell „Eurostyle 1750“, ebenfalls bestechend durch seine technischen Lösungen: „Er hat eine verschalte, mittelhohe Rückenlehne mit Bandscheibenstütze und einen stark ausgeprägten Muldensitz mit Beckenstütze. Sitzhöhenverstellung erfolgt mittels kopfausgelöster Sicherheitsgasfelder. Die mechanische Synchronverstellung der Rückenlehnen- und Sitzneigung bewirkt ständigen Kontakt zur Wirbelsäule für ermüdungsfreies, entspanntes Sitzen.“ [23]

Ergonomic 6600 und Eurostyle 1750 – same same but different?
Colani office chair auf dem Cover der Sekretärin 4/1983. Das Versprechen der Zukunft konnte der Stuhl in der Praxis jedoch nie einlösen.

An dieser Stelle sei auch auf weniger erfolgreiche Designvorschläge hingewiesen, die sich nicht durchsetzen konnten. Einer davon war der Colani Office Chair des Flugzeugdesigners Luigi Colani von 1970. Dessen Gestaltungsprinzipien wichen deutlich ab von den Empfehlungen, die vom Mainstream der Arbeitsmediziner:innen vertreten wurden. Gleichwohl stand der Stuhl in seinem futuristischen Design mit der integrierten Schreibmaschine sinnbildlich für Visionen vom Büro der Zukunft und dies auch noch 13 Jahre nach seiner Erfindung wie auf dem abgebildeten Cover der Sekretärin 4/1983.

 

 

 

 

Sitzt, passt, wackelt und hat Luft? Ein Fazit

 

Anfang der 1980er Jahre erlebte die Bürogestaltung nach ergonomischen Prinzipien eine Konjunktur. Gleichzeitig hielten neue Technologien Einzug in immer mehr Büros. Ihnen wurde in Deutschland mit größerer Skepsis begegnet. Dieser Skeptizismus und Sorgen vor möglichen Gesundheitsrisiken durch neue Technologien begünstigten sich gegenseitig, noch angefacht durch Studien, deren Ergebnisse sich später nicht als haltbar erwiesen. Auf politischer Ebene wurde der Trend zu Ergonomie angekurbelt und unterfüttert durch Forschungen unter dem Schlagwort der „Humanisierung des Arbeitslebens“. Das Problem eintöniger Arbeiten im Sitzen war zwar nicht neu, wurde durch die Computerisierung von Büros jedoch verstetigt. Besonders betroffen von monotoner Bildschirmarbeit im Sitzen waren Frauen, insbesondere in Sekretariaten und Schreibstuben. Ganz im Geiste der neuen Technologien wurde das Problem des gesunden Sitzens als eines gefasst, dem mit technologischen Lösungen (und der korrekten Sitztechnik) zu begegnen war. Die Gestaltung von Bürostühlen änderte sich zwar nicht maßgeblich zwischen Mitte der 1970er und Ende der 1980er Jahre, die Beschreibungen zeugten jedoch merklich von einem Glauben in technische Lösungen. Die Namensgebung von Bürostühlen wie dem „ergomat 190“, dem „Ergonomic 6600“ oder der Relaxoflex-Technologie bezeugte die Wichtigkeit der Idee von Ergonomie, gepaart mit Design und eben Technik. In diesem Sinne waren Bürostühle elementarer Bestandteil neuer Technologien im Arbeitsalltag. Während Gesundheitsprobleme rund um den Schreibdienst bisweilen als „Frauenkrankheiten“ subsumiert wurden, gab es andere Beschwerden aus der Gruppe der „Managerkrankheiten“ – heute eher als Stress oder Burn-out bezeichnet. In Fragen der Bürogestaltung waren die Kategorien Geschlecht, Technik und Gesundheit eng miteinander verwoben.

 

 

 

 

Die Autorin dieses Textes saß beim Schreiben an einem höhenverstellbaren Schreibtisch, im Zug, am Küchentisch und in der Bibliothek. Neben vielen schlechten Erfahrungen an langen Schreibtischtagen hat sie gute Erfahrungen mit regelmäßigen Pausen und Sport gemacht.

Quellennachweise

 

[1] Gewerkschaft Textil-Bekleidung, Bd. 4/82, abgedruckt in: Birkwald, Norbert: Macht Arbeit krank? Die Auswirkungen von technischem Wandel und Rationalisierung auf die Gesundheit des arbeitenden Menschen. Arbeitsheft der IG Metall zur Humanisierung des Arbeitslebens, Frankfurt am Main 1984, 27.

[2] Unbekannt: Interessantes von der Orgatechnik Köln 1975, in: Gabriele 12/1975, 11.

[3] Die beiden Zeitschriften sind die Zeitschrift Gabriele, 1979 umbenannt in Sekretariat, herausgegeben vom Bund Deutscher Sekretärinnen (BDS) und die Zeitschrift Sekretärin, 1982 umbenannt in Sekretariat, herausgegeben vom Deutschen Sekretärinnen-Verband (DSV). Die beiden Verbände schlossen sich 1997 zusammen.

[4] Unbekannt: Neue Technologien nicht gegen Frauen, in: Gewerkschaftliche Praxis 1/1983, 20.

[5] Gesterkamp, Thomas: Flimmern vor den Augen, in: taz, 21.04.1989.

[6] Cathérine: Der Beruf macht Frauen krank , in: Fränkisches Volksblatt, 2.9.1982.

[7] Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Potthast und der Fraktion DIE GRÜNEN, Drucksache 10/2880 vom 20.02.1985.

[8] Gardiner-Sirtl, Angelika. „Mit dem Computer leben - aber wie? Brigitte Studie.“ Brigitte, 23/1986. 23ff.

[9] Dr. Ahmet Cakir in Unbekannt: Die strapazierte Ergonomie… in: Assistenz 2/1985, 29.

[10] Müller-Limmroth, Wolf et al.: Arbeitssitze – wie sie sein sollten. Ein Anforderungskatalog für die Praxis, Düsseldorf 1983.

[11] Müller-Limmroth et al.: Arbeitssitze, 87.

[12] Unbekannt: Moderne Erkenntnisse „sitzen sich durch“, in: Sekretärin 5/1978, 53-55.

[13] Ebd., 54.

[14] Cakir, Ahmet: Beruf und Krankheitsbild bei Frauen im Büro, in: Assistenz 1984/5, 327.

[15] Unbekannt: Wir sitzen zu viel!, in: Gabriele 1977/1, 53/54.

[16] Siehe z.B. „Halten Sie sich fit!“ in: Sekretariat 3/1983, 19. Oder auch die Reihe „Yoga für die Sekretärin“ von Eckhard Sültemeyer in Sekretärin 1 und 2 1981.

[17] Werbung Nixdorf, in: Assistenz 4/1984, 252.

[18] Vitramat Modelle, in: Gabriele 8/1976, 16.

[19] Werbung für Drabert Drehstuhl, in: Assistenz 3/1982, 126.

[20] Werbung für ergomat 190, in: Sekretärin 6/1978, 62.

[21] Ebd.

[22] Komfortabler Bürostuhl „Ergonomic 6600“, in: Assistenz 1/1984, 47.

[23] Werbung für „Eurostyle 1750“, in: Assistenz 1/1986, 54.