Digital Borders
und die Entstehung eines digitalen Migrationssystems in Deutschland und Westeuropa von den späten 1960er Jahren bis ins frühe 21. Jh.
Das Projekt von Lennart Schmidt untersucht die Einführung von Computern und Datenbanken in Behörden in Westdeutschland und Westeuropa von den späten 1960er Jahren bis ins frühe 21. Jahrhundert. Der Fokus des Projekts liegt auf dem Zusammenspiel von technologischen Entwicklungen, gesellschaftlichen und politischen Diskursen sowie deren Auswirkungen auf Datenschutzpolitik und Überwachungsstrategien. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Computerisierung westdeutscher Sicherheitsbehörden, Ministerien, Unternehmen und Organisationen ab den späten 1960er Jahren im Schatten des Kalten Krieges und steigender Spannungen an der innerdeutschen Grenze. Die allmähliche, aber allgegenwärtige Nutzung der Computertechnologie durch den westdeutschen Staat in den 1970er Jahren bietet sich als geeigneter Ausgangspunkt für die Erforschung der Wechselwirkungen von sozialen und technischen Entwicklungen wie auch politischen Diskursen.
Die Studie untersucht, wie Computer und Datenbanken in die westdeutschen Polizei- und Nachrichtendienste integriert wurden, um zusätzlich zu den bestehenden physischen Grenzregimen eine digitale Grenze zu errichten. Ziel des Projekts ist es, den sozio-politischen Kontext zu verstehen, der die Gestaltung von Datenbanken wie dem Ausländerzentralregister (AZR) in Westdeutschland prägte. Indem die Studie dem Datenfluss über Migranten und Ausländern zwischen den Ländern verfolgt, untersucht sie auch die Computerisierung in Frankreich und Großbritannien. Damit möchte die Studie die Vorgeschichte von europäischen Migrationsdatenbanken wie Eurodac, dem Schengener Informationssystem (SIS II) und dem Visa-Informationssystem (VIS) zu verstehen.
Zusammenfassend zielt dieses Projekt darauf ab, die komplizierten Beziehungen zwischen gesellschaftlichem und technologischem Wandel und den diese Prozesse flankierenden Diskursen zu analysieren. Diese führten zur Entstehung der digitalen Grenzen und später Smart Borders mit konstantem Informationsfluss zwischen Regierungsbehörden und Grenzkontrollen in Deutschland und Europa. Damit möchte das Projekt neue Einblicke in diese transformative Periode der deutschen und europäischen Geschichte bieten.